Ghettos in Osteuropa — Definitionen, Strukturen, Funktionen
Mindestens die Hälfte aller ermordeten Juden Europas musste eine Zeitlang in einem Ghetto leben – der Kontrolle und dem Terror des deutschen Regimes ausgesetzt. Den Ghettos kam im Geschehen des…
Das Warschauer Ghetto
Bis 1939 befand sich in Warschau die größte jüdische Gemeinde Europas – die Stadt war eine pulsierende Metropole auch des jüdischen Lebens. Nach dem deutschen Überfall auf Polen und während…
Die Wahrheit soll leben – das Untergrundarchiv im Warschauer Ghetto
Bis heute ist das geheime Archiv des Warschauer Ghettos eine bedeutsame Quelle. Auch der Film "Geheimsache Ghettofilm" greift auf das Material zurück. Der Historiker Samuel D. Kassow hat in seinem…
Das Ringelblum-Archiv
Emanuel Ringelblum gründete im Warschauer Ghetto ein geheimes Archiv. Dafür riskierten der junge Historiker und seine Mitstreiter ihr Leben. Die Nachwelt sollte von den Menschen im Ghetto erfahren…
"Todesurteil über die größte jüdische Stadt Europas"
Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki überlebte das Warschauer Ghetto. In seiner Gedenkrede im Deutschen Bundestag spricht er über die Deportation der Juden aus dem Ghetto. Er selbst entkam…
Dokumentarfilm
Geschichte des Warschauer Ghettos
Das Warschauer Ghetto war eines von über tausend Ghettos im deutschen Herrschaftsgebiet. Schätzungsweise 400.000 Menschen wurden dort zwischen 1940 und 1943 eingeschlossen und überwacht.
Bildergalerie: Leben im Warschauer Ghetto
Warschau 1940: Im November riegeln deutsche Soldaten das Ghetto ab.
Eine Mauer mit Stacheldraht wird errichtet und trennt das Ghetto vom Rest der Stadt.
Für den Bau und die Sicherung der Ghettomauer müssen die Juden zahlen.
Ein- und Ausgänge des Ghettos werden streng bewacht – von deutschen und polnischen Polizeikräften.
Im Ghetto selbst ist der sogenannte Ordnungsdienst verantwortlich – eine jüdische Polizeieinheit, die der SS untersteht.
Die jüdische Gemeinde in Warschaus ist die größte Europas. Fortan müssen die Menschen im Ghetto leben.
Juden aus dem restlichen Polen sowie aus Deutschland werden in das Ghetto verschleppt.
Die Menschen leben auf engstem Raum. Häufig drängen sich gleich mehrere Familien in einer Wohnung.
Zeitweise leben 150.000 Menschen auf einem Quadratkilometer.
Doch nicht allein die Enge ist inhuman. Die sanitären Bedingungen sind katastrophal und führen zu Krankheiten. Die Menschen hungern.
Die Lebensmittelrationen betragen täglich rund 200 Kalorien – etwa zwei Scheiben Brot. So legen die deutschen Besatzer es fest.
Um dem Hunger zu entkommen, schmuggeln die Menschen Lebensmittel ins Ghetto – viele Kinder beteiligen sich.
Schmugglern, die erwischt werden, droht die Todesstrafe.
Gläubige Juden versuchen an ihrem religiösen Leben festzuhalten.
Doch neben der Überwachung erleben die Menschen Diskriminierung und Verachtung durch die SS.
Im Ghetto herrscht Arbeitspflicht. Die Menschen schuften für wenig Lohn in Werkstätten und Fabriken, den sogenannten Shops.
Deutsche Firmen und die Wehrmacht profitieren von den billigen Arbeitskräften.
Wenige im Ghetto können sich noch länger Lebensmittel kaufen. Es sind Familien, die ihr Hab und Gut retten konnten, und andere, die durch das
Schmuggeln Geld verdienen.
Die große Mehrheit der Menschen im Ghetto hungert.
Die Bilder der Propagandakompanien der Wehrmacht sollen das Elend als angeblichen kulturellen Unterschied einfangen für die antisemitische Hetze. Die
Ursachen für Hunger und Leid – die Ghettoisierung – zeigen sie nicht.
Bis Mitte Juli 1942 sterben 100.000 Menschen im Warschauer Ghetto.
Zugleich beginnen die Deportationen. Bis zum 21. September werden etwa 280.000 Menschen in das Vernichtungslager Treblinka verschleppt und ermordet.
Im Ghetto bleiben rund 60.000 Juden zurück, das Ghetto wird verkleinert.
Im April 1943 erheben sich Juden im Warschauer Ghetto, als wieder Bewohner deportiert werden sollen.
Doch der bewaffnete Widerstand der Ghettobewohner ist chancenlos.
Anschließend zerstören deutsche Truppen systematisch die Überreste des Ghettos. Fast 400.000 Menschen waren im Warschauer Ghetto von 1940 bis 1943
eingeschlossen – nur wenige von ihnen überleben.
Zeitzeugen
"Versucht durchzuhalten!"
Notiz aus dem Warschauer Ghetto: Warschau war bis Kriegsbeginn 1939 eine Metropole des jüdischen Lebens mit einem breiten Angebot an Musik, Theater und vielem mehr. Im Warschauer Ghetto versuchen…
"Meine Trauer werde ich niemals vergessen"
Notizen aus dem Warschauer Ghetto: In den Kriegsjahren 1941 und 1942 schreiben unter anderem die Kinder Beniek Frylingsztajn, Minia Madra und Zanwel Krigman ihre Erlebnisse, Sorgen und Hoffnungen auf.…
"Die Liquidierung des jüdischen Warschau"
Es war ein Hilfeschrei: Im November 1942 richten die vereinigten Untergrundorganisationen des Warschauer Ghettos einen Bericht an die polnische Exilregierung in London und die Regierungen der…
Bildergalerie: Ringelblum-Archiv
1940 gründete Emanuel Ringelblum das geheime Archiv "Oneg Schabbat" ("Freude am Sabbat") im Warschauer Ghetto. Der 40-jährige Historiker und seine
Mitstreiterinnen und Mitstreiter wollten den Alltag im Ghetto festhalten, später sammelten sie auch Informationen über die Massenmorde an den Juden.Das Foto zeigt Ringelblum mit seiner Frau Yehudit und ihrem gemeinsamen Sohn Uri. Die Familie wurde von den deutschen Besatzern ermordet.
Ringelblum und seine Mitkämpfer riskierten ihre Leben für die Arbeit am Archiv. Heimlich sammelten sie Tagebücher, Gedichte, Fotos, Dokumente und
vieles mehr. Auch Ringelblum führte Tagebuch über das Leben im Ghetto und über das polnische Judentum. Das Foto zeigt einen seinerTagebucheinträge, verfasst am 18. März 1941.
Ringelblum wollte, dass unterschiedlichste Menschen im Ghetto ihre Erlebnisse festhalten. So schrieb Perez Opocynski über den Schmuggel im Ghetto.
Auch über die verschiedenen Schmuggelwege, und weiter: "Wer weiß, ob es nicht irgendwann einmal ein Denkmal in Erinnerung an den Schmuggler gebenwird, der sein Leben riskierte – denn rückblickend wird deutlich werden, dass er viele Warschauer Juden vor dem Hungertod bewahrte."
Gesammelt wurden auch Briefe, Zeichnungen und Dokumente der deutschen Besatzer. Im Bild eine "Meldekarte für Juden". Sie gehörte dem Rabbiner Shimon
Huberband, ein wichtiges Mitglied der Archivgruppe. Er wurde im August 1942 nach Treblinka deportiert und ermordet.
Auch Zeitungen wurden gesammelt. Diese wurden heimlich im Warschauer Ghetto veröffentlicht – vor allem auf Jiddisch und Polnisch.
Im Juli 1942 begannen die sogenannten großen Deportationen im Warschauer Ghetto. Die deutschen Besatzer sprachen von "Umsiedlung" oder auch
"Aussiedlung": Innerhalb weniger Wochen brachten sie schätzungsweise 280.000 Männer, Frauen und Kinder in das Vernichtungslager Treblinka undermordeten sie dort. Mit dem "Aufruf", siehe Foto, wurde den Menschen Brot und Marmelade versprochen, wenn sie sich freiwillig zur "Abreise" meldeten.
Noch bevor das Warschauer Ghetto im November 1940 abgeriegelt wurde, entstand dieses Dokument (zu sehen ist eine Seite davon) über die Sterblichkeit
in Warschau insgesamt, von November 1939 bis Februar 1940. Erstellt wurde es vom Judenrat im Juni 1940 – mit Daten der Statistischen Abteilung derStadt Warschau. Detailliert sind die verschiedenen Todesursachen aufgelistet, wie Typhus, Tuberkulose und so weiter. Auch solche Dokumente wurden vomGeheimen Archiv gesammelt und aufbewahrt.
Dieses Dokument gehört zu einer Sammlung von Dokumenten, die von den Mitgliedern des Geheimen Archivs erstellt wurden. Teils ist unklar, wann die
Dokumente entstanden sind. Manche Angaben stützen sich auf Umfragen unter der jüdischen Bevölkerung, um überhaupt Informationen sammeln zukönnen. Auch dieses Dokument sollte die Zahl der Toten festhalten.
Zu der Sammlung gehört auch dieses Dokument. Bis heute arbeiten Historiker und Historikerinnen an der Auswertung der Dokumente des Geheimen Archivs,
wie zum Beispiel am Jüdischen Historischen Institut in Warschau. Dort lagern die geretteten Dokumente.
Nach dem Beginn der Deportationen fürchteten auch die Mitglieder des "Oneg Schabbat" ihre Verhaftung und ihren Tod. Sie fingen an, Teile des Archivs
zu verstecken - in der Hoffnung, spätere Generationen würden die Dokumente finden. Dafür packten sie das Material auch in Metallkästen undMilchkannen und vergruben diese in einem Keller in einem Gebäude im Ghetto. Das Bild zeigt die Originalbehälter.
Nur mit Glück wurden nach dem Zweiten Weltkrieg, in den Jahren 1946 und 1950, Teile des Archivs wiederentdeckt. Das Warschauer Ghetto war von der SS
fast vollständig zerstört worden. Ringelblum und seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern war es jedoch gelungen, die Schicksale vieler Menschen imGhetto festzuhalten und ihre Worte in die Zeit nach dem Holocaust zu retten.
Literatur und Links zum Warschauer Ghetto
Hier finden Sie eine Auswahl von Publikationen zum Warschauer Ghetto. Außerdem eine Zusammenstellung von Links und Recherchetipps zum Warschauer Ghetto.